
Onboarding in Projekten
Erfolgreiches Onboarding von Mitarbeitenden in wissenschaftliche Projekte
Ein praxisnaher Leitfaden für Projektleitungen
6. Februar 2025 – Lesezeit 9 min.
In meiner langjährigen Zeit als Forscherin habe ich eines gelernt: Ein strukturiertes und gut geplantes Onboarding in Form der Einarbeitung und Integration neuer Mitarbeitender ist ein wesentlicher Faktor für gut laufende wissenschaftliche Projekte. Projektleitungen an Universitäten und Hochschulen stehen immer wieder vor der wichtigen Aufgabe und Herausforderung, neue Teammitglieder effizient in laufende Forschungsarbeiten zu integrieren. Die Gründe dafür können mannigfaltig sein: So werden Projektstellen mitunter nicht immer zu Beginn der Projektlaufzeit besetzt oder sind durch eine gewisse Fluktuation von Mitarbeitenden gekennzeichnet – um hier nur einige Beispiele zu nennen.
Warum ein durchdachtes Onboarding unverzichtbar ist
Meine Erfahrung ist, dass die Bedeutung eines durchdachten Onboardings oft unterschätzt wird und in der Folge zu wenig Aufmerksamkeit erhält. Dabei zeigen Umfragen und Studien, dass ein gelungener Start die Einarbeitungszeit verkürzen und eine langfristige Bindung neuer Mitarbeitender deutlich erhöhen kann (u.a. StepStone 2019). Zudem können komplexere Aufgaben womöglich früher selbstständig übernommen werden (Zutavern, Enders, Rausch & Seifried 2020). Besonders bei fachfremden Teammitgliedern ist eine systematische Herangehensweise entscheidend, da sie nicht nur die Projektinhalte, sondern auch die spezifischen Strukturen und Prozesse an Universitäten und Hochschulen kennenlernen müssen.
Dieser Leitfaden richtet sich an Projektleitungen wissenschaftlicher Forschungsprojekte an Universitäten und Hochschulen. Ich möchte Sie dabei unterstützt, einen strukturierten Onboarding-Prozess zu gestalten, der sowohl den Projekterfolg sichert als auch neuen Teammitgliedern einen erfolgreichen Start ermöglicht. Als besonders wichtig erscheint mir dabei zu berücksichtigen, dass sich je nach Zielgruppe – oder in anderen Worten, je nach Mitarbeitenden – die jeweiligen Bedürfnisse beim Start in einen neuen Job bzw. Aufgabe deutlich unterscheiden können und daher beim Onboarding mit zu bedenken sind: So wird es bspw. einen Unterschied machen, ob es sich bei einem neuen Teammitglied um eine Person handelt, die unmittelbar nach dem abgeschlossenem Studium eine erste Projektstelle antritt, ob die Person Projekterfahrung hat oder ob der Person die Prozesse und Strukturen an der Einrichtung bereits bekannt sind. In allen Fällen gilt es meiner Meinung nach, eine offene Kultur zu schaffen bzw. bereitzustellen, in der neue Teammitglieder informiert, willkommen geheißen und angeleitet werden (in Anlehnung an das „Inform-Welcome-Guide“-Modell nach Klein & Heuser 2008).
Die 5 Schlüsselkomponenten eines erfolgreichen Onboardings
1. Vorbereitung des Onboardings: Der Grundstein für einen gelungenen Start

Ich empfehle Ihnen mindestens zwei Wochen vor dem ersten Arbeitstag mit den folgenden Vorbereitungen zu beginnen. Erstellen Sie eine personalisierte Onboarding-Checkliste, die folgende Punkte umfasst (ggf. existiert am Institut oder Fachbereich eine allgemeine Onboarding-Checkliste, die als Grundlage dienen kann):
- Bereitstellung an Arbeitsplatzausstattung (Hardware, Software, Büromaterial)
- Organisation der Zugangsdaten für relevante Systeme
- Bereitstellung von Einführungsmaterialien zum Projekt und zur Aufgabe
- Planung der ersten zwei Wochen inklusive Kennenlerngesprächen
- Erstellung einer Liste wichtiger Ansprechpersonen
- Suchen und Finden eines/r Pat:in bzw. Buddys, der oder die bei alltäglichen oder organisatorischen Fragen zur Seite steht
- ggf. Suchen und Finden eines/r Mentor:in, eine erfahrene Person, die das neue Teammitglied langfristig begleitet (sofern Sie dies als Projektleitung nicht selbst übernehmen; eine Mentorenschaft bietet sich bspw. bei Nachwuchsforschungsprojekten an)
- Sammeln wichtiger Unterlagen in einer Einführungsmappe und/oder digital zugänglichem Einführungsordner
Zur Vorbereitung zählt für mich auch, dass eine willkommens-E-Mail an das neue Teammitglied einige Tage vor oder direkt am ersten Arbeitstag verschickt wird. Zu welchem Zeitpunkt dies geschieht, hängt vom Inhalt und Zweck der E-Mail ab:
Vor dem ersten Arbeitstag (ca. 3-7 Tage vorher): Enthält organisatorische Informationen wie Startzeit, Ansprechpersonen, die am ersten Arbeitstag das Willkommen vor Ort übernimmt, ggf. Zugangsdaten mit dem Ziel, Unsicherheiten zu reduzieren und Vorfreude zu schaffen.
Am ersten Arbeitstag: Offizielle Begrüßung im Team (wobei ich hier eine persönliche Begrüßung immer vorziehen würde) und Vorstellung von Teammitgliedern (falls noch nicht anderweitig geschehen), Hochschul-/Universitätskultur und ersten Schritten.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ein ehrlich gemeintes Willkommensgeschenk wie ein schöner Blumenstrauß als eine schöne Geste aufgenommen wird, die von Anfang an Wertschätzung ausdrückt. Noch viel wichtiger finde ich jedoch, das willkommen heißen eines neuen Teammitgliedes durch eine „reale“ Person – idealerweise durch Sie als Führungsperson und Teammitglieder. Ein verwaistes Büro ohne die Möglichkeit der Orientierung und Ansprache wird eher zu einem lustlosen Start in die neue Aufgabe führen. Selbst im Falle von remote Arbeit ist ein willkommen heißen bspw. durch eine Videoschalte immer noch förderlicher als gar keine Ansprache und Orientierung zu haben.
2. Administrative Einarbeitung: Klare Strukturen von Anfang an
Der administrative Teil ist das Fundament für eine reibungslose Zusammenarbeit. Stellen Sie daher sicher, dass folgende Aspekte geklärt sind:
- Klärung des Arbeitsvertrages und damit verbundener Unterlagen (an Universitäten und Hochschulen dauert der Einstellungsprozess ggf. bis zu 6 Wochen – oder gar länger(?); daher ist so früh wie möglich der Kontakt zur Verwaltung zu suchen und entsprechende Fristen einzuhalten)
- Einrichtung von IT-Zugänge (E-Mail, E-Mail-Verteiler, Intranet, Projektmanagement-Tools, ggf. Filehosting-Dienste)
- Bereitstellung von Schlüssel(n) und ggf. Zugangskarte(n). Erfahrungsgemäß sind Schlüssel und ggf. Zugangskarte bei der entsprechenden Verwaltungseinheit der Universität oder Hochschule durch das neue Teammitglied abzuholen; hilfreich ist dann die Begleitung und Unterstützung durch ein erfahrenes Teammitglied (einige Universitätsgänge können wirklich verwinkelt sein)
- Organisation bzw. Terminierung für ggf. notwendige Sicherheitsunterweisungen
- Vorstellung wichtiger Verwaltungsabläufe und Fristen
3. Integration ins bestehende Team: Teamgeist von Beginn an fördern
Die soziale Integration des neuen Teammitglieds in das bestehende Team ist für mich ein wesentlicher Bestandteil für eine konstruktive, wertschätzende und langfristige Zusammenarbeit. Planen Sie:
- ein Willkommensfrühstück oder eine informelle Teamrunde
- kurze 1:1-Gespräche mit allen Teammitgliedern, um den Onboarding-Prozess für alle reibungsloser zu gestalten (bspw. Rollen und Erwartungen klären), Missverständnisse zu vermeiden und eine positive Zusammenarbeit von Anfang an zu fördern
- regelmäßige Check-ins in den ersten Wochen, da diese der Unterstützung und Orientierung dienen. Auch das Einholen von Feedback und das Abgleichen von Erwartungen können dazu beitragen, Motivation aufrechtzuerhalten und Engagement zu stärken, aber auch Herausforderungen frühzeitig zu erkennen und – wie bereits angesprochen – die Integration ins Team zu erleichtern
- ein Buddy aus dem bestehenden Team, der/die bei der Einarbeitung unterstützt und als Ansprechperson dient
- die Teilnahme an Team-Events und -Meetings von Beginn an
4. Vermittlung der Universitäts-/Hochschulstrukturen: Orientierung erleichtern
Die komplexen Strukturen universitärer Einrichtungen können anfangs herausfordernd sein. Erleichtern Sie den Einstieg durch:
- eine visuelle Darstellung der Organisationsstruktur
- die Erläuterung wichtiger Gremien und Entscheidungswege
- eine Übersicht der relevanten Verwaltungseinheiten
- die Erklärung formeller und insbesondere informeller Kommunikationswege
- eine Einführung in die „ungeschriebenen Regeln“ der Universitäts- bzw. Hochschulkultur
- der gemeinsame Gang zum Sekretariat des Instituts oder des Fachbereichs (inklusive Vorstellung), zur Mensa und sonstiger wichtiger Einrichtungen
5. Fachliche Einarbeitung: Expertise gezielt aufbauen
Mir war es immer wichtig, dass meine Teammitglieder ein gemeinsames Grundverständnis über das zu bearbeitende Projekt haben; denn jeder trägt mit seiner Arbeit zum Gesamtprojekt bei. Ein schrittweiser Einstieg in die fachlichen Aufgaben sichert dabei nachhaltigen Erfolg:
- Beginnen Sie mit einer Grundlagenlektüre zum Projektthema (das kann bspw. der Projektantrag oder ein Working Paper sein)
- Stellen Sie das Projekt in Gänze – bspw. in Form einer aussagekräftigen Präsentation – vor. Sollte es bisher noch nicht passiert sein: Verdeutlichen Sie spätestens jetzt die Aufgaben(bereiche) und Verantwortlichkeiten, die das neue Teammitglied in Abgrenzung zu den anderen Teammitgliedern im Projekt mittel- und langfristig übernehmen soll. Machen Sie dabei Schnittstellen zu anderen Aufgabenbereichen deutlich
- Ggf. stellen Sie auch eine kommentierte Literaturliste zusammen, die für den Aufgabenbereich relevant erscheint und erweiterbar ist
- Planen Sie regelmäßige Fach- und Feedbackgespräche ein, die in beide Richtungen als Orientierung dienen
- Ermöglichen Sie den Besuch relevanter Workshops oder Schulungen (Ressourcen für Personalentwicklung gerade im Bereich drittmittelfinanzierter Forschungsprojekte sind eher die Ausnahme als die Regel; doch selbst wenn – aus welchen Gründen auch immer – keine Finanzierung von Personalentwicklungsmaßnahmen aus Projektmitteln angedacht ist, möchte ich an dieser Stelle eine starke Lanze dafür brechen, dass Sie dies als Projektleitung möglichen machen – bspw. in Kooperation mit Graduiertenkollegs, der entsprechend zuständigen Personalentwicklungsabteilungen der Universität oder Hochschule oder ggf. mittels freier Trainer:innen, die individualisierte Angebote erstellen und die bspw. aus Overhead-Ressourcen zu finanzieren sind)
- Geben Sie konkrete, überschaubare Einstiegsaufgaben zur praktischen Einarbeitung
Ich kann nur empfehlen: Seien Sie als Projektleitung präsent und ein Vorbild. Die Worte „Du wirst das schon machen!“ ersetzen den Onboarding-Prozess nicht. Als gute Führungskraft ist es Ihre Aufgabe, das Team gut anzuleiten und durch den Prozess zu führen.
Die ersten 100 Tage: Eine (ideale 😊) Timeline

Tag 1-5:
- Administrative Einarbeitung
- Kennenlernen des Teams
- Vorstellung der und Überblick über Projekt- und Universitäts- bzw. Hochschulstrukturen
Woche 2-4:
- Einführung in fachliche Grundlagen (falls nicht schon vorhanden)
- Übernahme kleiner eigenständiger Aufgaben
- Regelmäßige Feedback-Gespräche
- Stärkere Integration ins Team
Monat 2-3:
- Zunehmend eigenständiges Arbeiten
- Aktive Integration in Projektmeetings
- Auf- bzw. Ausbau eigener Verantwortungsbereiche
Häufige Herausforderungen und Lösungen:
- Informationsüberflutung: Dosieren Sie Informationen indem Sie sich fragen, welche Informationen sind unmittelbar jetzt notwendig, welche sind nice-to-have und können zu einem späteren Zeitpunkt weitergegeben werden. Vermitteln Sie die Informationen strukturiert (kein „zwischen Tür und Angel“). Ermöglichen Sie Feedbackschleifen und fragen das neue Teammitglied, wie Unterstützung ggf. noch erfolgen kann (jeder Mensch ist anders und lernt auch anders; bei der Weitergabe von Informationen kann es hilfreich sein, dies im Hinterkopf zu haben)
- Unklare Erwartungen: Definieren Sie konkrete Meilensteine und Verantwortlichkeiten zusammen mit dem neuen Teammitglied. Fragen Sie dabei auch, was Sie als Führungskraft tun können oder sollen (Form der Zusammenarbeit), um das neue Teammitglied in seiner Arbeitsweise zu unterstützen. Das betrifft natürlich auch Ihre eigenen Erwartungen. Vereinbaren Sie ggf. Zwischenschritte, um entsprechendes Feedback zum Stand der Arbeiten einzuholen; dies ermöglicht Ihnen die Arbeitsweise des neuen Teammitgliedes besser kennenzulernen (und vice versa) und in weitere Absprache mit diesem zu gehen
- Zu wenig Feedback: Nicht selten höre ich, dass es an Universitäten und Hochschulen wenig bis keine Feedback-Gespräche zwischen Mitarbeitenden und Führungskraft gibt (von jährlichen Mitarbeitenden-Gesprächen ganz zu schweigen). Für ein effizientes und effektives Onboarding sind regelmäßige Gespräche unabdingbar und daher fest einzuplanen.
- Soziale Isolation: Fördern Sie eine aktive Teamintegration durch gemeinsame Teambuilding-Events aller Beteiligten, an denen Sie natürlich selbst auch teilnehmen.
Erfolgsindikatoren für ein gelungenes Onboarding:

- Selbstständige Bewältigung von Routineaufgaben
- Aktive Integration in Teamprozesse
- Sicheres Verständnis der Projektstrukturen und -ziele
- Eigeninitiative bei neuen Aufgaben fördern und fordern
- Positive Rückmeldungen aus dem Team
Digitale Zusammenarbeit im Onboarding-Prozess:
Für Remote-Teams und digitale Arbeitsumgebungen empfiehlt sich:
- klare Kommunikationskanäle zu definieren
- wichtige Prozesse und Dokumente digital bereitzustellen
- regelmäßige virtuelle Check-ins zu organisieren
- kollaborativer Tools für das gemeinsame Arbeiten zu nutzen
Fazit: Ein durchdachtes Onboarding sichert den Projekterfolg
Aus eigener Erfahrung weiß ich: Ein erfolgreiches Onboarding ist ein kontinuierlicher Prozess, der Flexibilität und Anpassungsfähigkeit erfordert. Bleiben Sie offen für Feedback und scheuen Sie sich nicht, den Prozess an individuelle Bedürfnisse anzupassen. So schaffen Sie die Basis für eine gelungene Integration neuer Teammitglieder und eine produktive Zusammenarbeit!
Viel Erfolg beim Ausprobieren!
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